Unser Vertrieb hat einen wichtigen Meilenstein erreicht … der Kunde ist begeistert, die vorgestellte Lösung passt gut ins Konzept und das Interesse gemeinsam loszulegen ist durchaus groß. Aber war da nicht noch was …?

In der Euphorie fällt es dem Produktmanagement im Marketing plötzlich ein … es gibt doch eine Einkaufsregelung, die verpflichtend die Einbindung des Einkaufs in die Beschaffung der Leistungen vorschreibt.

Oh Mann, das hatten wir ja gar nicht mehr auf dem Schirm … alles lief ganz rund, der Bedarf war klar, ein möglicher Anbieter war schnell (selbst) gefunden und das Angebot liegt (ohne Ausschreibung) auch schon vor.

Haben wir da nicht was vergessen?

 

Tatsache – die Einkaufsregelung sieht (in Paragraph 4.2 …) vor, dass der Einkauf möglichst früh, am besten schon in der Phase der Bedarfsdefinition und Spezifikation eingebunden werden sollte. Spätestens bei der Auswahl möglicher Anbieter, der Einholung von Angeboten und der Präsentation der Anbieter hätte dieser involviert werden müssen … das haben wir nicht bedacht … SHIT! Was machen wir denn jetzt?

 

Der Vertrieb ist auch leicht irritiert und auch sehr verunsichert, dass jetzt – nachdem doch eigentlich schon alles klar schien – der Kundeneinkauf noch dazu kommen soll. „Hoffentlich machen die nicht noch einen fetten Strich durch die Rechnung oder schlagen die Preise kurz und klein. Der Einkauf ist echt lästig … und irgendwie ein Buch mit sieben Siegeln“ – denken sich Vertrieb und Produktmanagement fast gleichzeitig.

Denn beide haben schon mehrmals Erfahrungen mit Einkäufer:innen gemacht, die einerseits sehr durchwachsen waren und andererseits auch nicht so richtig eingeordnet werden konnten.

Was sind das eigentlich für Typen im Einkauf?

Und hier kommt dann konkret der Gedanke auf: was treibt die im Einkauf eigentlich an? WAS machen die, WARUM tun sie es, WIE tun sie es und WELCHE sind eigentlich die zentralen Themen, die dem Einkauf wichtig sind?

Wenn Du als Vertriebler:in die Perspektiven und Interessen von Vertrieb, Fachbereich und Einkauf als Ganzes denken und verstehen lernst, kannst Du diese „ZWEI Seiten EINER Medaille“ dann gezielt gestalten und steuern.

Leider ist der erste Impuls im Vertrieb meistens: „Ist das gerade wirklich wichtig? Ich habe doch so viele Themen auf der Uhr – vielleicht irgendwann mal. Irgendwie wird es schon laufen …“

Aber dann ist JETZT plötzlich doch der Moment gekommen, wo die Fragen so bohrend, so dringend und auch so wichtig werden, weil JETZT vielleicht unser ganzer schöner Super-Deal mit dem Wunschkunden am seidenen Faden hängen könnte.

Einige der wichtigsten Themen für den Einkauf sind:

  1. Einsparungen erzielen: meistens spielen Kosteneinsparungen (ja, die berühmten „Savings“) eine sehr zentrale Rolle im Einkauf. Je nach Situation und Prioritäten des Unternehmens rangiert dieser Treiber mal höher mal niedriger in der Wichtigkeit … eines aber ändert sich nicht … er bleibt immer relevant und ein Herzstück der Aktivitäten des Einkaufs! Denn als Hüter der Kosten für externe Leistungsbezüge (Dienstleistungen & Produkte) ist er die maßgebliche Schutzmauer, um die Beschaffungskosten des Unternehmens im Blick zu halten. Ganz wichtig ist hier, die Definition der Einsparungen des Einkaufs zu kennen. Denn die können teils sehr unterschiedlich sein. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Ansatzpunkte für den Vertrieb, wenn es darum geht, den Einkauf zu verstehen und geeignete kommerzielle Lösungen zu verhandeln: nicht jede Lösung ist gleich attraktiv für den Einkauf. Und am attraktivsten sind für den Einkauf die Lösungen, die die Einsparungen bringen, die auch die Boni im Einkauf maßgeblich beeinflussen. In vielen Unternehmen kann der Vertrieb erst einmal davon ausgehen, dass die Einkaufs-Boni wesentlich durch die Höhe der erzielten Einsparungen bestimmt werden. Hier gilt es, gezielt anzusetzen!

 

  1. Wirksame Involvierung durch die Fachbereiche: der Einkauf will in externe Leistungsbezüge eingebunden werden. Dies möglichst vollständig und auch möglichst früh. Denn Studien aus der Praxis zeigen deutlich, dass der erreichbare Einkaufserfolg umso größer ist, je früher und intensiver der Einkauf bei den Leistungsbezügen im Boot ist. Je stärker die Position und das Mandat des Einkaufs im Unternehmen sind, desto mehr wird der Einkauf auch auf diesen Aspekt großen Wert legen. Hier haben sowohl Kunden-Fachbereich als auch Vertrieb starke Ansatzpunkte, den Einkauf durch gezieltes Management der Beziehung zum Verbündeten zu machen.

 

  1. Wildwuchs von Dienstleistern wirksam begegnen: der Einkauf sieht sich bei den indirekten Einkaufs-Kategorien mit einem riesigen Spektrum von Dienstleistern konfrontiert. Da gibt es z. B. 12 Marketing-Agenturen, von denen man weiß, und weitere 11, die der Einkauf nur entdeckt, wenn er tiefer in den ERP-Systemen gräbt und Rechnungsanalysen fährt. Da rekrutieren 34 Dienstleister neue Mitarbeiter, obwohl nur 80 Stellen pro Jahr zu besetzen sind und ähnliches mehr. Der Wildwuchs ist groß, bei den vielen Kategorien, die der Einkauf betreuen soll, kommen so schnell hohe dreistellige Zahlen an Dienstleistern (oder noch viel mehr …) zusammen. Der Einkauf leidet, alle soll er kennen, mit allen soll er vernünftige Preise verhandeln und Verträge abschließen. Außerdem wäre ein strukturiertes Lieferanten-Management (SRM: Supplier Relationship Management) schön. Und je chaotischer die Prozesse (sofern vorhanden) laufen, desto schwieriger wird es für den Einkauf, Licht in den Dschungel zu bringen. Hier bieten sich für einen „aufgeräumten“ Dienstleister – einen, der die Themen, Trigger-Punkte und Interessen des Einkaufs wirklich versteht – interessante Ansatzpunkte, um positiv hervorzustechen und durch die positive Differenzierung vom „Chaos-Club“ der anderen Dienstleister seine Wahrnehmung als konstruktiver Dienstleister maßgeblich zu stärken …. In der Folge wird es deutlich einfacher sein, ausgewogene und wirklich zielführende Deals mit dem Einkauf zu verhandeln.

 

Dies sind nur 3 der vielen Themenfelder des Einkaufs. Je mehr von ihnen Du kennst, verstehst und für Dich nutzen kannst, desto größer sind die Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten für Dich im Vertrieb.

Mach Dich mehr und mehr zum Einkaufsversteher, und ergänze so Deine bisherigen Vertriebskompetenzen. Mit dem Einkauf und nicht gegen ihn – für mehr Abschlüsse, bessere Konditionen und vor allem ein entspannteres Verhandeln!